Donnerstag, 15. Oktober 2015

Klarer Fortschritt

Manchmal staune ich über mich selbst. Staune darüber, durch welche Kleinigkeiten ich mich aus der Bahn werfen lasse. Staune darüber, welche Macht ich gewissen Lappalien gewähre, um mich völlig runterzuziehen.
Zugegeben: Meine Laune hat heute noch keinen Höhenflug erlebt. Den ganzen Tag lang kämpfe ich schon mit meinem inneren Schweinehund, der sich bei Menstruationsbeschwerden plus verregnetem, kaltem Wetter am liebsten wieder ins Bett verkriechen möchte. Stattdessen spiele ich Clown für meine Tochter, um SIE von ihrer üblen Laune abzulenken, die stets gepaart mit dem unbändigen Wunsch nach dem Schnuller daherkommt. Sie ist jetzt eineinhalb und sollte sich allmählich von diesem Ding entwöhnen! Doch die fiese Erkältung und das Zahnen machen meiner gutgemeinten Erziehung (erklär das mal meiner Tochter!) einen fetten Strich durch die Rechnung. 
Da steh ich nun im Schlafzimmer und packe die Sachen für das Wochenende in Weimar. Herausforderung: WAS ziehe ich an? Wie sehe ich gut aus ohne zu viel mitzuschleppen? Schwierige Aufgabe, ja, eine nahezu unmögliche Aufgabe! Aber ich stelle mich dieser Herausforderung. Da ist doch das Kleid, das ich letztens im Schlussverkauf ergattert und in das ich mich so verliebt habe. Leider hab ich nicht die erhofften Komplimente dazu bekommen. Meine Mutter meinte: "Hm, sieht gewöhnungsbedürftig an dir aus. Deine anderen Sachen stehen dir besser!" Autsch! Prompt gefolgt von dem Satz meiner Schwester: "Warum hast du dir so etwas gekauft? Das ist doch mein Stil!" Nein, ist es nicht. Ich habe schon vor dir gerne Hippie-Klamotten getragen. Da hast du dich noch über mich lustig gemacht. (Man muss erwähnen, dass wir in unserer Familie sehr offen und ehrlich miteinander umgehen. Das finde ich gut, kann aber auch schon mal schmerzlich sein.)
Nach solchen Kommentaren meldet sich mein Trotz: Na, euch werd ich es zeigen. Ich behalte das Kleid und werde es tragen. Ob es euch passt oder nicht. Gewöhnt euch lieber daran!
Und heute? Das Kleid hat sich nach einmaligem Waschen verzogen und steht mir nun wirklich nicht. Scheiße!!! Meine bis dahin schon sehr bescheidene Laune mutiert blitzartig zu Wut, Enttäuschung und dickem Selbstmitleid. Warum kann ich nicht auch mal schöne Kleider tragen? Da habe ich nun endlich abgenommen und kann trotzdem nicht das tragen, was ich gerne möchte. Warum ist alles so ungerecht? Warum, warum, warum? Da ist es wieder: das Selbstmitleidskarussel. Eine Abwärtsspirale, die mich runterzieht, immer weiter runter. Tränen fließen, ich fasse es einfach nicht. (Hab ich erwähnt, dass ich gerade Menstruationsbeschwerden habe und meine Hormone verrückt spielen???) 
Zurückgeben kann ich es nicht mehr. Also meiner Schwester geben? Erster Gedanke: Nie und nimmer. Nur über meine Leiche. 
Vor einiger Zeit habe ich den Vorsatz gefasst, mich von negativen Gefühlen nicht mehr so schnell aus der Fassung bringen zu lassen, dagegen anzukämpfen. (Siehe Post "Genug ist genug") Also schön. Beten geht gerade nicht. Auf keinen Fall. Zu stinkig, zu wütend, zu sauer. Glaub mir Gott, das willst du nicht hören. Aber ich will auch nicht das hören, was er mir zu sagen hat:

Und noch etwas, Geschwister: Richtet eure Gedanken 
ganz auf die Dinge, die wahr und achtenswert, gerecht, 
rein und unanstößig sind und allgemeine Zustimmung verdienen;
beschäftigt euch mit dem, was vorbildlich ist und zu Recht gelobt wird. 
(Philipper 4,8  NGÜ)

Ganz genau das bekomme ich zu lesen, als ich vor lauter Zorn und Verzweiflung die Andachtsseite von Joyce Meyer Ministries öffne. Kein Scherz. Das ist das letzte, was ich in diesem Moment hören möchte. Ein wenig Liebespudelei wäre mir lieber. Aber tief in meinem Inneren sagt mir eine Stimme, dass dies der einzige Weg aus der Abwärtsspirale ist. Missmutig lese ich laut das Gebet am Ende der Andacht:
"Gott, ich will mich verändern und Jesu Sinn haben. Hilf mir, nur an das zu denken, was wahr, ehrbar, rein, liebenswert, freundlich, gütig und tugendhaft ist - einfach an alles, was von dir kommt." 

In dem Moment will ich es eigentlich nicht, aber Gott kennt mein Herz und den Wunsch nach positiver Veränderung. Und er weiß auch, dass mir dieses Gebet zu diesem Zeitpunkt unglaublich schwer fällt. 
Es hat ein wenig gedauert, aber nach einer Weile machen sich Wut und Enttäuschung zornig davon. Dieses Mal haben sie nicht gewonnen. Dieses Mal nicht.

Elly
xxx



P.S.: Beim nächsten Mal gibt es das Rezept zu diesem unglaublich leckeren Früchtekuchen!!!


3 Kommentare:

  1. Ach, Elly, danke für deine Ehrlichkeit. So wohltuend! Ich finde mich darin wieder, fast als hätte ich das geschrieben. Nur dass es bei mir (heute) Rückenschmerzen, das Regenwetter und die Tatsache sind, dass mein Mann arbeiten muss anstatt mir zu Hause zu helfen... Danke für den Perspektivwechsel und die Erinnerung: Gott nimmt uns so, wie wir sind, aber wir müssen nicht so bleiben! Er arbeitet an uns, unermüdlich und voller Liebe.
    Schön, dass wir zusammen unterwegs sind - dafür bin ich sehr, sehr dankbar!
    LOVE!

    AntwortenLöschen
  2. Danke, dass wir gemeinsam unterwegs sein dürfen. Und ich bete, dass bri dir auch bald wieder bessere Tage kommen. Be blessed. :*

    AntwortenLöschen
  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen