Ich trage schon seit langer Zeit folgende Idee mit mir herum: Wie wäre es, wenn ich an jedem der 24 Adventstage einer Person etwas Gutes zukommen lasse? Und zwar einer fremden Person. Doch da sind so viele Bedenken: Wie reagiert man/frau darauf? Wen soll ich eigentlich beschenken? Was genau soll ich verschenken? Und ist das nicht zu anstrengend? Ich habe momentan sowieso wenig Zeit.
Auch gestern Abend habe ich noch lange wach gelegen und mir den Kopf darüber zerbrochen. Irgendwann kam ich zu dem Entschluss: Probier es doch einfach aus. Lass dich vom Heiligen Geist leiten. Der wird dir schon die richtigen Ideen und Personen über den Weg schicken. Und selbst wenn es nicht jeden Tag klappt, was soll's? Jeder Tag, an dem ich es schaffe, meine Idee in die Tat umzusetzen, ist ein weiterer gelungener Tag!
So bin ich heute einkaufen gegangen mit dem festen Entschluss: Du tust einer Person gleich etwas Gutes. Herausforderung: Der nächste Supermarkt ist nur wenige hundert Meter entfernt. Das bedeutet: Weniger Personen, die meinen Weg kreuzen. Zudem ist es arschkalt draußen. Ich werde mich hüten, einen Umweg zu nehmen.
Auf dem Weg zum Supermarkt halte ich angestrengt Ausschau. Nö, nichts. Im Supermarkt scanne ich die Besucher: Könnte jemand meine Hilfe brauchen? Fehlanzeige. Aber hey: Amaryllis-Blüten. Die lassen sich doch gut verschenken. Eingepackt, bezahlt, zurück auf die Straße. Aber auch hier noch immer keine Person, bei der ich das Gefühl habe, die könnte eine Aufmerksamkeit gebrauchen. Stoßgebete. Ich bin schon fast an unserem Haus, da kommt mir ein Einfall. Und tatsächlich: Da sitzt sie wieder - allein vorm Fenster und beobachtet die Straße. Ich habe sie auf dem Rückweg zur Wohnung, kurz vor Eintritt in unseren Innenhof, schon oft am Fenster gesehen. Sie ist alt, wirkt allein und deprimiert. Als ich sie die ersten Male sah, habe ich sie ignoriert. Dann irgendwann fing ich an ihr zuzuwinken. Jedes Mal erwiderte sie erfreut den Gruß. Auch heute winke ich ihr zu, worauf sie lächelt. Ich nehme all meinen Mut zusammen, stelle mich unter ihr Fenster und mache deutlich, dass ich mit ihr reden möchte. Sie stutzt, öffnet aber das Fenster. Und dann frage ich sie, ob ich ihr die Blumen schenken darf? Sie ist verwirrt. Warum möchte ich ihr die Blumen schenken? Ich antworte ihr, dass ich sie schon häufig dort am Fenster gesehen habe und sie so allein wirke. Ich möchte ihr eine Freude machen. Außerdem sind die Blumen mit der Absicht des Schenkens gekauft worden. Und dann bringe ich ihr die Blumen in den ersten Stock, denn sie hat es stark mit dem Knie. Wir unterhalten uns kurz vor ihrer Wohnungstür. Sie ist immer noch verwirrt, nimmt die Blumen aber gerne an und freut sich. Lange kann ich nicht bleiben, denn Kea schlummert unten im Flur selig in ihrem Kinderwagen. Sie fragt mich, was ich denn im Kinderwagen habe und ich erzähle ihr von meiner kleinen Tochter. Zum zweiten Mal raffe ich meinen übrig gebliebenen Mut zusammen und frage sie, ob ich sie denn mit Kea mal besuchen dürfte. Dann könnte sie sie sehen. Sie würde sich sehr freuen. Und dann verspreche ich ihr, dass ich sie in den nächsten Tagen mit Kea besuchen komme. Vielleicht sogar schon morgen.
Ich eile die Treppen hinunter zu meiner schlafenden Tochter und mache mich endgültig auf den Weg nach Hause. Ich bin glücklich! Quatsch!!! Ich bin wie auf Drogen!!! Ein unglaublich warmes und übersprudelndes Gefühl macht sich in mir breit. Ich kann kaum glauben, was gerade passiert ist. Ich bin überwältigt davon, was Gott gerade bewirkt hat. Und ich bin unheimlich gespannt auf morgen, denn ich werde Frau B. auf jeden Fall besuchen. Mein Mann hat sowieso Spätschicht, also trifft es sich sehr gut.
Mein Vorhaben hat heute geklappt. Morgen ist auch schon abgedeckt: Wieder Frau B., die immer noch eine Fremde für mich ist. Morgen schenke ich Zeit. Zeit für eine alte Frau, die viel allein ist und wegen ihres Knies nicht aus dem Haus kommt. Ich bn aufgeregt und freue mich!
Ich wünsche euch eine wunderschöne Adventszeit, Ladies.
Elly
xxx
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen